Erfahrungsbericht: Cindy Körner

Cindy Körner ist Wissenschaftlerin am Deutschen Krebsforschungszentrum, dreifache Mutter, Brustkrebspatientin – und mehrfache Studienteilnehmerin. Bei STUDIENWIRKEN erklärt sie, warum sie an klinischen Studien teilnimmt – und warum Erwartungsmanagement wichtig ist.

„Nur durch klinische Studien erreichen wir medizinischen Fortschritt“

„Im März 2020 wurde bei mir ein ca. 2 Zentimeter großer hormonrezeptor-positiver Tumor in der Brust gefunden, der zu dem Zeitpunkt schon in die Lymphknoten gestreut hatte. Zum Glück fand die Diagnose in einem noch heilbaren Stadium statt. Die Akuttherapie war heftig, sie bestand aus mehreren Operationen, Chemotherapie und Bestrahlung. Danach folgte die Antihormontherapie.

Grundmotivation: medizinischer Fortschritt

Seit der Diagnose habe ich an vier klinischen Studien teilgenommen. Warum? Mir ist als Wissenschaftlerin bewusst, dass wir nur so medizinischen Fortschritt erreichen! Die Behandlungen, von denen ich heute als Patientin profitiere, gäbe es nicht ohne Menschen, die früher an Studien teilgenommen haben. Das ist meine Grundmotivation.

Aktuell nehme ich an meiner ersten Arzneimittelstudie teil – und noch mal eine ganz andere Hausnummer, weil die Einschlusskriterien sehr umfassend bzw. aufwendig zu erbringen gewesen sind.

Meine erste Arzneimittelstudie

Voraussetzung waren ein frisches Staging mit CT, Knochenszintigramm, Mammographie oder MRT, Augenarztuntersuchung, Blutanalyse, EGK, Blutdruck. Ich hatte vorab nicht damit gerechnet, dass das Screening für den Studieneinschluss ein Halbtagsjob werden würde.

Um das alles innerhalb kürzester Zeit zu schaffen, musste ich mir zwei Tage Urlaub nehmen. Ich finde, Teilnehmende sollten vorab informiert werden, wie zeitintensiv die Prozedur konkret ist, damit sie sich besser darauf einstellen können.

Arzneimittelstudie: aktuelles Staging als Vorteil

Der große Vorteil des aktuellen Stagings ist: Alles wurde noch mal kontrolliert, es gibt keine Metastasen, ich bin beruhigt. So ein Staging hätte ich im Rahmen der Nachsorge nicht bekommen.

Wie der Zufall es wollte, wurde ich in den Behandlungsarm randomisiert, ich habe also das neue Medikament genommen. Im Studienzentrum wurde mir genau erklärt, welche Nebenwirkungen auftreten können, welche Studienvisiten auf mich zukommen, dass ich viele Fragebögen per App ausfüllen kann, nur alle drei Monate zur Visite ins Zentrum kommen muss – der Aufwand hält sich also in Grenzen, das ist gut.

Pause wegen Nebenwirkungen

Ich hatte das neue Medikament noch gar nicht lange genommen, als ich die erste Nebenwirkung hatte. Es ist eine bekannte Nebenwirkung, die Herzrate ist durch das Medikament reduziert. Das wurde mir vorher gesagt, im Sinne von „Das merken Sie gar nicht weiter“. Ich glaube auch, dass das für viele nicht weiter schlimm ist. Aber ich habe das sehr stark gemerkt! Ich habe drei Tage nichts auf die Reihe gekriegt, das hat mich sehr belastet.

Ich habe daraufhin direkt Kontakt zur Study Nurse aufgenommen, und wir haben sofort ein EKG gemacht. Das war unauffällig, nur eben der Herzschlag deutlich langsamer als sonst. Für mich war das aber so eine große Einschränkung, dass wir gesagt haben: Wir machen eine Pause und probieren es dann noch einmal neu. Und wenn es dann immer noch nicht okay ist für mich, dann höre ich auf.

Hintergrundinfos zur Studie

CAMBRIA-1 ist eine Studie für Menschen mit frühem, hormonabhängigem Brustkrebs (ER-positiv/HER2-negativ), die bereits 2 bis 5 Jahre Hormontherapie erhalten haben. „Früh“ bedeutet hier: Der Krebs hat sich nicht auf andere Organe ausgebreitet.

Untersucht wird das neue, oral einzunehmende Hormonmedikament Camizestrant: Es blockiert den Östrogenrezeptor in Krebszellen und soll Rückfälle besser verhindern als die übliche Hormonbehandlung. Teilnehmende werden per Zufall entweder mit der zu untersuchenden Substanz oder mit der Standardtherapie weiterbehandelt; beide sind aktive Behandlungen. Gemessen werden Wirksamkeit (wie lange der Krebs wegbleibt) und Sicherheit (regelmäßige Kontrollen, Erfassung von Nebenwirkungen).

Nebenwirkungen individuell bewerten

Ich finde, das ist eine wichtige Message für Studienteilnehmende: Auch wenn eine Nebenwirkung nicht so stark ist, dass eine Studie gestoppt werden muss, kommt es auf das eigene Empfinden an! Wenn es für mich im Alltag nicht funktioniert, dann ist es vollkommen in Ordnung zu sagen: Ich gehe zurück zu meinem alten Medikament. Ich hätte davon auch keinerlei Nachteil.

Neue Perspektiven durch Studienteilnahme

Für mich als Wissenschaftlerin ergeben sich aus meiner Krankengeschichte und aus der Teilnahme an klinischen Studien viele neue Erkenntnisse. Forschende denken oft, sie wissen alles über Erkrankungen, Medikamente, Nebenwirkungen. Ich dachte das auch. Aber im Endeffekt verlassen wir Forschende uns auf Dinge, die wir gelesen oder auf Konferenzen gehört haben.

Erst als Patient:in oder Studienteilnehmende kann man z.B. sagen, ob ein Medikament „gut verträglich“ ist, denn das ist ein ganz individuelles Empfinden. Und diese Patientensicht ist aus meiner Sicht entscheidend.“

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